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Arno Lange

Ist der Dialog Christen-Marxisten zeitüberholt?

(Zu den Dialog Heften Christen-Marxisten des Professor Hans Lutter)

Es sind schon „eigenwillige Dinge", die wir Ostdeutschen bis heute tagtäglich auf dem Weg in ein vereinigtes Vaterland erleben. Und egal, ob wir beten, fluchen oder weinen - ist das eine „Eigenwillige" bewältigt, tritt das nächste an. Soeben hat Eric Neutsch eine geistige Provokation zur heutigen Gesellschaft gesetzt. Sein Buch „Nach dem großen Aufstand" befasst sich - zwar ohne auch nur ein Wort zur DDR zu enthalten - mit dem gegensätzlichen, unzureichenden, versagenden, kulturfeindlichen deutschen Denken nach den Niederlagen der Bauernkriege vor 500 Jahren, ist jedoch ein Buch zu solchem Denken in unserer Zeit. Zum Denken nach der Niederlage der volksdemokratischen Revolution der DDR. Christliches Denken erneut gewichtig eingebunden. Und was Eric Neutsch zum Christlichen jener Zeit festhält, sind Erkenntnisse zur Differenziertheit christlicher Interessen und christlichen Denkens schlechthin. Den politischen Missbrauch des Christlichen wie auch seine progressive Politik heute erklärend. Ansätze neuer Hoffnung wie neuer Gewissheit zum nächsten großen Aufstand setzend.

Meisterleistung und Fehlleistung deutscher Konterrevolution

Auch mein Inhalt ist in den Gesamtprozess aller DDR-Eroberung durch das westdeutsche Großkapital eingebunden. Erst nach allem nun Erlebten habe ich voll begriffen, was mir meine Lehrer in Studentenzeiten vor einem halben Jahrhundert sagten: Das deutsche Großkapital ist die politisch erfahrenste Sektion des internationalen Großkapitals - von Aggression und brutalem Morden bis zur Zuteilung größter Liebe führt sie alles in ihrem methodischen Archiv.

Alles ostdeutsche soziale Sein kann nun genutzt werden, um solche Meisterleistung des deutschen Großkapitals beim Zerschlagen der DDR zu belegen. Die Fortnahme von um 85 Prozent der ostdeutschen materiellen Werte, das Beseitigen wertvoller, im Westen nie gekannter sozialer Rechte, bis hin zum Verdrängen von etwa 350 000 Intellektuellen der DDR aus dem geistigen Arbeitsprozess, zumeist in die Dauerarbeitslosigkeit, stehen dafür. Zusätzlich gewichtig durch das politische Stillhalten der Ostdeutschen.

Doch nicht alles gelang den politischen Strategen des deutschen Großkapitals. Als man zum Beispiel diese DDR-Intelligenz auf die Müllhalden deutscher Wiedervereinigung „freier Arbeitsmarkt" warf, konnte die ostdeutsche geistige Arbeit schmerzend behindert, jedoch nicht verhindert werden. Der Gründe gab und gibt es viele. Einer der bedeutendsten wird nun im Zusammenhang mit dem Desaster des konservativen und leistungsbehindernden westlichen deutschen Bildungssystems offiziell debattiert: Gleichwertige Bildungsmöglichkeiten für alle Jungen der Gesellschaft - auch der Lohnarbeiterklasse.

Die DDR aber hatte diesen nun geforderten Qualitätswandel bekanntlich vor einem halben Jahrhundert zum Handlungsgesetz erklärt. Weshalb denn auch ostdeutsche Intelligenz zumeist aus Arbeiter-, Bauern- oder Handwerkerfamilien kam, in denen produktive Arbeit über Generationen Lebensbedingung war. Diese Intelligenz wusste immer das Vorhandene maximal zu nutzen und ohne Illusionen vom großen Geld zu arbeiten. Sie suchte nach ihrer Verdrängung sofort die eigene geistige Arbeit weiterzuführen oder ihr ähnliche neu zu beginnen. Zumeist mittels sehr großer persönlicher Opfer, denn Forderung gibt es für ostdeutsche geistige Arbeit solcher Art nicht. Man arbeitet überzeugt, dass die Gesellschaft dieses Wissen, ob heute oder morgen, braucht. Dieses ist dann mehr denn je von einem sozialistischen Denken bestimmt.

Kaum noch zu bewältigen sind nun die wertvollen Buchpublikationen zur Ökonomie, zum Sozialen, zur Kultur, zu Inhalten der Politik und zur Geschichte des Deutschen, die sehr vielen Zeitschriften bzw. Publikationsreihen mit wertvollen sozial und politisch brisanten Inhalten. Die Dialog Hefte Christen-Marxisten des Professor Dr. sc. phil. Hans Lutter, Güstrow, gehören wertvoll dazu.

Die geistige Arbeit unterscheidet sich eben von der manuellen, als sie auffällig unabhängiger von den Arbeitsgegenständen und von Arbeitsaufträgen ist und sich zeitweise selbst bei Abnahme oder Fortfall dieser erhalten kann. Bereits aus dieser Sicht ist es nicht zulässig, jenes üble Verdrängen der DDR-Intelligenz durch westdeutsche „Eliten" zu nutzen, um ein Verschwinden der DDR-Intelligenz festzuschreiben. Wir erlebten in Wahrheit eine soziale und politische Konterrevolution - die Übernahme unseres sozialen Seins durch den Spätkapitalismus. Mit so auch bestimmter Abwanderung von DDR-Intelligenz zu den Arbeitsprozessen im Westen, selbst seines politischen Systems. Mit so bestimmtem gewichtigen Fortgang sozialistischer Intelligenz ins weltweite Ausland, sprachlich - aber auch durch Parteinahme - bedingt, nach Osteuropa und Russland. Die Tragik - immer eingebunden junge Intelligenz bester Arbeitsjahre, und dieser Fortgang aus dem schreiend gegensätzlichen Vaterland setzt sich täglich und wachsend fort.

Ein notwendiger Blick zurück

Diese Dialog Hefte zu werten heißt zunächst, sich sehr gedrängt mit ihrem geistigen Vater, dem Menschen Hans Lutter, zu befassen. Er, heute im 76. Lebensjahr, gehörte zu jenen in der DDR, die Harry Thürk die „Generation im Blauhemd" nannte. Zu früh in Bombennächten oder solcher und solcher Flucht erwachsen, doch in großer Mehrheit nicht mehr Soldat geworden. Wenn doch, dann so die Schrecken der letzten Monate des Krieges erlebend. In der ersten Nachkriegszeit auffällig das Überleben der geflüchteten, ausgebombten, hungernden Familien sichernd, denn die Vater waren gefallen oder verschollen.

Wie ich selbst erlebte, galt der damals sehr auffällige Schritt dieser Jungen in die Politik am wenigsten dieser oder jener Partei. Mitgestalten, damit dein Leben wieder lebenswert wird, war die verbreitete Motivation.

Die Politik der soeben begründeten DDR „Arbeiter- und Bauernkinder an die Universitäten" wurde von den jungen Menschen angenommen. Jene andersartige und eigenwillige Intelligenz der DDR wurde damals begründet. Die junge volksdemokratische Gesellschaft brauchte sie in allen Bereichen des Arbeitsprozesses, denn die intellektuelle Generation zuvor war durch den Krieg dezimiert.

Wir nach dem Studium an den Hochschulen verbliebenen „Lehrer" spurten bald, dass den Anforderungen nur mit ständiger gezielter Weiterbildung zu genügen war. Promotion, Habilitation trotz offizieller Hochschulpolitik jener ersten Jahre, die solches nicht selten als nebensächlich sah. Und vom Streben dieser andersartigen jungen DDR-Intelligenz nach hohem Wissen bestimmt, gab es mit den sechziger Jahren beginnend auch ein spontanes Herausbilden von kleinen wissenschaftlichen Forschungskollektiven neuer Art. Bei einer Hochschule oder Universität begründet, vereinten sich an neuen Inhalten Interessierte verschiedener Hochschulen, aber auch anderer Arbeitsbereiche. Die angeblich undemokratische Politik der DDR behinderte dieses nicht.

Bezüglich des Inhaltes Christen-Marxisten vollzog sich ein solches Verlassen gewohnter akademischer Arbeitsweise zum einen 1958-1964 an der Humboldt-Universität (Professor Heinz Mohrmann) und anderen ab 1973 an der Pädagogischen Hochschule Güstrow (Professor Hans Lutter). Bei Heinz Mohrmann arbeiteten um sechs junge Ökonomen und Sozialwissenschaftler aus wissenschaftlichen Institutionen im Einzug Berlins. Zum Kollektiv gehörte u. a. der italienische Gastprofessor Alighiero Tondi SJ und der Vorsitzende des Berliner FDGB Heinz Neuckranz, auch als Pate des Vorhabens. Unser Arbeitsgegenstand wurde die Katholische Sozialtheorie und die ökonomische Situation der katholischen Kirche nach dem Zweiten Weltkrieg. Unsere Probleme damals waren, dass wir seitens der katholischen Kirche in der DDR keine Dialog-Partner hatten und dass wir zeitgleich mit dem II. Vatikanischen Konzil arbeiteten, dessen alles Denken revolutionierende Ergebnisse uns noch nicht zur Verfugung standen. Wir mussten die Arbeit beenden, weil die offizielle DDR-Politik Verärgerungen der Kirche befürchtete.

Was Hans Lutter zum schweren Arbeitsbeginn zu diesen Inhalten im Güstrow der späten sechziger Jahre festhielt, deckt sich fast absolut mit dem in Berlin erlebten. Ab den siebziger Jahren hatte Hans Lutter dann ein produktives Kollektiv von Forschungsenthusiasten, wahrend aus dem in Berlin „Private" geworden waren. So arbeitete jeder - wie auch ich - zum Christlichen nur in erübrigter Zeit. Trotzdem aber eine Anmerkung: Wer am Wert dieser neuen Forschungsarbeit in der damaligen DDR zweifelt, befasse sich mit der Liste von Publikationen, Promotionen - Habilitationen, wissenschaftlichen Gutachten oder Forschungsdokumentationen beider Kollektive in nur wenigen Jahren.

Im Gegensatz zum auf Ökonomie, Soziales und Politik konzentrierten Forschungskollektiv zum Christlichen in Berlin, konnte der Philosoph Hans Lutter in Güstrow den Inhalt Atheismus nicht nebensächlich sehen. Doch verließ er die damals verbreitete Wertung des Christlichen nur aus der Sicht der „Grundfrage aller Philosophie" (Verhältnis von Sein und Bewusstsein). Er machte die Wissenschaftsentwicklung schlechthin zum Ansatz allen diesbezüglichen Denkens. „Wissenschaftliche Analyse müsse auch zum Begreifen und Verstehen von Theologie hinführen mittels des marxistischen Materialismus als Methode. Kritik sei angebracht, wenn Erfordernisse logischen Denkens vernachlässigt und eine Unvereinbarkeit zwischen postuliertem Glaubensinhalt und Lebenspraxis festgestellt werden. Auch sei zu prüfen, ob, wie weit und in welcher Weise besonders theologische Ethik zur Humanisierung der Gesellschaft ... zur Menschwerdung des Menschen beitrage oder nicht." (Laudatio zum 70. Geburtstag, 1998)

Bezüglich seiner wissenschaftlichen Verdienste kann man feststellen:

(1)  Hans Lutter (und sein Kollektiv) überwand das vorwissenschaftliche Stadium marxistischer Religionswissenschaft. Er begründete eine Forschung marxistisch-leninistische Religionswissenschaft.

(2)  Hans Lutter (und sein Kollektiv) begründete wissenschaftlich die langfristige Fortexistenz der Religion im Sozialismus.

Bezüglich eines wahrhaftigen DDR-Bildes sei nochmals angemerkt: All das durfte auch in der DDR publiziert werden.

Die Dialog Hefte Christen-Marxisten

So wertvoll diese wissenschaftlichen Entwicklungen bei den Hochschullehrern Heinz Mohrmann und Hans Lutter auch waren - wir müssen sie eingebettet in historische Vorgänge sehen, die all dieses ermöglichten. Selbst das progressive Denken der heutigen Berliner Republik hat hierzu auffällig versagt.

In der DDR wurden sehr bald absolut neuartige Lebensbedingungen bezüglich Eigentum, Arbeit, Wissenschaft, Bildung, Kultur tragend, die vor allem anderen sonst auch die Beziehungen von Christen und Atheisten grundlegend wandelten. Die „Grundfrage der Philosophie" wurde nochmals nebensächlich bezüglich aller sozialen Entwicklungen.

Darauf gründend waren SED und CDU tatsächliche politische Partner über Jahrzehnte hin und haben über 50 Prozent der Mitglieder der DDR-CDU die Wandlung zur spätkapitalistischen Partei verweigert. So finden sich bis heute in der gewandelten Ost-CDU Bündnispartner von Sozialisten. Alle Entwicklung um unsere Dialog Hefte Christen - Marxisten ist Fortsetzung dieser Entwicklungen zu DDR-Zeiten.

Als die alles negierende und vernichtende Kolonialpolitik des „christlich" geführten Staates BRD auch über Güstrow kam, sah sie die nun weltweit beachtete Lehr- und Forschungsarbeit des DDR-Professors Hans Lutter zum Christlichen (wie alles im Osten sonst) als überflüssig und wertlos an. Sofern Religionswissenschaft, dann als Privileg der Fachleute im Westen, was zureichend sei. Die schmerzenden Beleidigungen, die dabei dem Menschen Hans Lutter erteilt wurden, möchte ich im Interesse einer tatsächlichen Einheit nicht wiedergeben.

Trotzdem gab er sich und sein wissenschaftliches Anliegen nicht auf. Ab 1990 erschienen seine Berliner Dialog Hefte bzw. Neuen Dialog Hefte Christen-Marxisten, vier Ausgaben alljährlich. Bis einschließlich 2002 zählte ich um 400 wissenschaftlich wertvolle Beiträge beider Dialogpartner zu grundsätzlichen aktuellen Inhalten. Dem nachgeordnet enthielten die Hefte aber auch Buchbewertungen, Berichte zu bedeutenden Dialog-Veranstaltungen und Ereignissen bei den Kirchen. Die Mehrzahl dieser Beiträge war von christlichen Autoren verfasst, ost- und westdeutschen, aber auch des Auslandes. Auch dem Redaktionsbeirat gehörten noch 1998 sechs Wissenschaftler von außerhalb der BRD an. Professor Hans Lutter sandte Hefte an Interessierte in Kanada und in die USA.

Seit ihrer Begründung hatten diese Dialog Hefte von Spenden interessierter Leser zu existieren. Notwendig von leidigen Zufällen bestimmt, was für Hans Lutter ständig Sorgen und Ungewissheit mit sich brachte.

Beginnend zum Ende der neunziger Jahre jedoch wurde selbst hierzu ein Wandel immer auffälliger: ein leidiger Abgang jener Wissenschaftlergeneration, die die Begründung der Hefte trug. Es genügt, den Redaktionsbeirat 1998 (Sonderheft 37) und in den Heften des Jahres 2003 zu vergleichen. Zwar gelang es, wertvoll sich einbringende neue Autoren im Osten zu finden. Die Spenden für die Hefte jedoch bleiben aus. Der immer krasser werdende soziale Abbau in den neuen Bundesländern, auch die Anbindung aller neuen Autoren an Spendenaktionen vor dieser Mitarbeit bei uns, sind die Gründe.

Aufgeben oder neue Wege gehen? - Zwei offene Briefe

All jene, die die deutsche Einheit in den frühen neunziger Jahren „frei Haus" anboten, haben die Ziele nicht erreicht. Sie setzen nun auf doch längeren Zeitbedarf, vor allem aber auf Vergessen, Absterben, Aussterben. So auch bezüglich unserer Dialog Hefte, denen man fast anderthalb Jahrzehnte Zeit gab, sich in der Marktwirtschaft freizuschwimmen.

(1) Vom politischen Entwicklungsprozess Deutschlands her dringend gebraucht, findet sich nun in unserem Denkansatz - sachliche Beziehungen und ehrliche Zusammenarbeit von Christen und Marxisten - der Hauptinhalt aller deutsch-deutschen Politik im 21. Jahrhundert. Unsere Hefte sind ein wertvolles Kulturgut, das wir nicht aufgeben dürfen.

Auch würde ein späteres Wiederbegründen eines solchen notwendigen Publikationsorgans nach allen Erfahrungen ein Mehrfaches an Aufwand fordern als sein Erhalten heute. Auch der jetzige wertvolle Dialog-Prozess wäre abgebrochen und müsste neu gefunden werden.

(2) Die derzeit sehr große Resignation in Deutschland bezüglich der Parteien und ihrer Politik darf nicht auf unseren Inhalt übertragen werden. Denn die Resignation mindert sich sofort, wenn tatsächliche Volkspolitik gesetzt wird, wenn es um Inhalte geht, die die Interessen der Bürgermehrheit aufnehmen. Mit Sicherheit darf das auch bezüglich einer von Vernunft und Moral bestimmten , gemeinsamen Politik von Christen und Marxisten angenommen werden.

{3) Bezüglich der Dialog Hefte Christen-Marxisten muss derzeit ein Interesse an ihren in Ost wie West, vor allem in West mit seinen gewichtigen christlichen Volksmassen, vorhanden sein. Die Hefte leiden nicht an ihrem wertlosen oder zeitfremden Inhalt, sondern daran, dass sie jenen Lesermassen nicht begegnen - unbekannt sind und bleiben.

Zwei offene Briefe an die Leser, Autoren und Förderer der Dialog-Hefte Christen-Marxisten:

Brief 1:

Liebe Leser und Freunde des christlich-marxistischen Dialogs, leider muss ich Sie darüber informieren, dass unsere Zeitschrift mit dem Heft 60 eingestellt werden muss, was sicher nicht nur ich sehr bedaure.

Die Gründe: Zum einen bin ich nun im 76. Lebensjahr und kann aus gesundheitlichen Gründen die Zeitschrift nicht weiterführen - zumal ich ja alles, bis zum Versand, allein bestreiten muss. Zum anderen lassen die Spenden zunehmend nach - ich kann die Hefte nicht mehr finanzieren und ich werde, nach dem jetzigen Stand, schon das letzte Heft selbst bezahlen müssen.

Sicher ist das recht traurig, aber alles hat nun einmal seine Zeit, seinen Anfang und sein Ende, auch eine Zeitschrift. Aber der christlich-marxistische Dialog hat erst seinen Anfang und wird früher oder später eine Fortsetzung finden.

Und es ist ja nichts verloren. Die Zeitschrift ist u. a. in der Deutschen Bibliothek in Leipzig eingestellt und kann weiterhin gelesen werden und es gibt die Homepage: www.dialoghefte.de

Ich wünsche Ihnen alles Gute und bedanke mich für Ihre jahrelange Begleitung und Unterstützung unserer Hefte.

Es grüßt Sie herzlich Ihr Redakteur

Prof. Dr. phil. habil. Hans Lütter

Brief 2:

Sehr geehrte Damen und Herren,

im nächsten Jahr werden wir wohl das Erscheinen unserer Dialog Hefte Christen-Marxisten beenden müssen. Ein im Osten seit den siebziger Jahren gewachsenes Kulturgut wird dann auch beseitigt sein. In Gesprächen, die ich als Mitglied des Redaktionsbeirates zur Situation unserer Hefte führte, gab es die Anregung, diesen offenen Brief zu schreiben. Niemand war bereit anzunehmen, dass diese Hefte ihre wissenschaftliche und politische Brisanz verloren haben.

Dem oberflächlichen Betrachter scheinen Desinteresse oder Zeitüberholtheit die Gründe für unsere Sorgen. Doch wie steht dieses dann zur Tatsache, dass die christlichen Kirchen heute gegen 2 Milliarden Menschen in ihrem Einzug zählen? Oder, dass man im Westen über ein halbes Jahrhundert hin das Christliche missbrauchen konnte, um die Herrschaft des Großkapitals zu sichern? Der Inhalt verliert nicht, sondern gewinnt an Bedeutung. So bin ich überzeugt, dass ein ehrliches Bündnis von Christen und Marxisten im 21. Jahrhundert die Geschicke der Menschheit entscheiden wird.

Seit ihrer Begründung 1990 waren die Dialog Hefte immer von finanziellen Sorgen bestimmt. Heute nun gibt es zusätzlich den schmerzenden Abgang jener Generation, die die Hefte bisher trug. Es genügt, den Redaktionsbeirat 1998 (Sonderheft zum 70. Geburtstag von Prof. Dr. Hans Lutter) und heute, nur fünf Jahre später, zu vergleichen. Zwar gelang es, sich wertvoll einbringende neue Autoren zu finden, Spenden für die Hefte bleiben jedoch aus. Der soziale Abbau in den neuen Bundesländern, die Einbindung der neuen Autoren in bereits bestehende Solidar- und Spendenaktionen, sind die Ursachen. Vor allem aber haben wir dem Professor Hans Lutter auch alle Werbung für diese Hefte wie deren Vertrieb aufgebürdet.

Seit 1990 wurden in ihnen um die 400 wertvolle Beiträge publiziert, allein seit 2001 ca. 40. Sie belegten und belegen bis heute den großen Einfluss, die Stabilität und Vielschichtigkeit des christlichen Denkens im Osten. Belegen aber auch, welchen Einfluss dieses haben könnte, wenn es die denkenden Christen im Westen erreichen würde.

Alle in meinem Einzug, die ich bisher um eine Meinung zu unserem Inhalt bat, sprachen sich eindeutig für ein Weiterfuhren der Hefte aus. Ich glaube nicht berechtigt zu sein, Ihnen gegenüber dieses „zu privatisieren".

So möglich, bitte ich Sie um eine gedrängte Auffassung und wäre Ihnen verbunden, wenn Sie Anregungen bezüglich des „wie weiter" geben würden.

Und beginnen sollte jeder damit, zu prüfen, ob er einen Spenden-Beitrag für diese Hefte geleistet hat. Wir können Professor Hans Lutter nicht länger zumuten, hierzu Bettelbriefe zu versenden oder die Auflagen vorzufinanzieren.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Angehörigen schöne Weihnachtsfeiertage und ein gutes und gesundes neues Jahr 2004.

Mit herzlichen Grüßen

Arno Lange

 

Unser Autor Professor Dr. Arno Lange verstarb im Februar 2004. Dieser Appell ist seine letzte Publikation. Wir werden sein Andenken in Ehren halten.

Die Redaktion

 


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