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Heinz Sonntag

  Was bleibt von uns? 

Die Redaktionsgruppe SPURENSICHERUNG hatte es bisher viermal erreicht, mich zu einem Beitrag für die Hefte I bis IV zu verführen.

Für den Band V, der Wendezeit gewidmet, habe ich leichtfertig meinen Beitrag angemeldet, eine Schreibhemmung kam später. Liegt das am Objekt, am Thema, an der Zeit?

Oder am Subjekt, dem Schreibenden und Wertenden, der zwischen Nostalgie und Nihilismus schwanken kann, evtl. an der fehlenden historischen Distanz?

Ich habe nun Bruchstücke meiner Biographie angeboten, die ich in Episoden nachvollziehbar gestalten will.

In der wertenden Erinnerung wird mir klar, daß mein Verhältnis zur DDR mit allen ihren Entwicklungen und Widersprüchen geformt wurde durch meine Herkunft, meinen beruflichen Werdegang, das Erleben des Krieges und das Wachsen einer Gesellschaft, die meinen Idealen und Wünschen entsprach. Es wurde mir nicht zuletzt durch aktive Mitwirkung an der politischen Gestaltung dieses Novums in der deutschen Geschichte immer wieder bewußt.

Ich bin Jahrgang 1936 und habe als erstes prägendes Geschehen den Krieg und die Nachkriegszeit erleben müssen. Ich sah den Untergang der Städte Dresden und Halberstadt, eingebrannt ist in meiner Seele die Zerstörung meiner Heimatstadt Magdeburg im Januar 1945. Als Kinder standen wir vor einem Trümmermeer, wo früher Menschen lebten. Auf den Straßen wurden Leichenberge gestapelt, auch Kinderleichen.

Der Krieg hatte auch die Familie erreicht, Vater war Soldat an der Ostfront, Mutter war Arbeiterin in einer Munitionsfabrik. Ich wuchs bei den Großeltern auf, im Schutz einer solidarischen Arbeiterfamilie. Der Großvater war ehedem Sozialdemokrat. Er wagte es, über dem Sofa in der guten Stube ein Bild aufzuhängen mit dem Spruch:

„Wir wollen den Frieden, Freiheit und Recht,

daß niemand sei des anderen Knecht,

daß Arbeit aller Menschen Pflicht,

und niemand es an Brot gebricht!“

Über dem Spruch waren drei Bilder gereiht - Bebel, Lassalle, Liebknecht - darunter die würdigen Konterfeis von Marx und Engels.

Gegen gutgemeinte Warnungen von Besuchern verteidigte sich der Großvater trotzig damit, daß Hitler und die Seinen schließlich auch Sozialisten sein wollen.

Der Krieg traf die Familie mit ganzer Härte. Ein Onkel blieb in Stalingrad als Vermißter, mein Vater kam aus der Gefangenschaft zurück, aber als TBC-Kranker, die Mutter war überarbeitet und konnte einem Krebsleiden nichts entgegensetzen , beide starben Anfang der 50er Jahre.

In mir hatte sich eingegraben: Nie wieder Krieg! Tausende Denkimpulse führten dazu, nach den Ursachen von Kriegen zu fragen und die Antwort zu finden: Kriege haben Ursachen und Gewinner - Faschismus und Kapitalismus. Wenn die DDR seit ihrer Gründung für 40 Jahre Frieden in Europa gesorgt hat, allein das hätte ihre Gründung und Existenz gerechtfertigt.

Ich wurde 1950 Maurerlehrling und dann Junggeselle, wie der Familienrat es beschlossen hatte; früher waren alle Sprosse Schlosser oder Dreher. Aber die Stadt lag in Trümmern, Wohnungen wurden gebraucht, Arbeit war für Jahrzehnte sicher, was lag näher, als zur Kelle zu greifen.

Auf dem Bau erlebte ich täglich die härtesten körperlichen Belastungen, aber auch die rauhe Kameradschaft der Baukumpels in allen Lebenslagen. Zu den erhebenden Augenblicken im Maurerleben gehörten die Wohnungsübergaben im Magdeburger Stadtzentrum an Arbeiterfamilien. Wenn man die glücklichen Gesichter der Kinder sah, war alle Plackerei vergessen. Befreite Arbeit hatte sich gelohnt.

Mitte der 50er Jahre wurde ich von meiner Brigade zum Studium delegiert, seit dieser Zeit war ich ewiger Student: zuerst an der Arbeiter-und-Bauern-Fakultät in Weimar, dann an der Uni Jena mit dem Abschluß in Germanistik, Pädagogik und Sport, in Leipzig als Gasthörer, in Halle als Fernstudent der Philosophie, an der Humboldt-Universität Berlin als Extern Promovierender. Beruflich war ich Dozent an Hoch- und Ingenieurschulen des Bauwesens, später an Parteischulen in Magdeburg, Berlin und Aden. Eine mir wichtig scheinende Episode aus dem Jahr 1968 möchte ich ausbreiten:

Im Sommer war ich über unsere Partnerschule in Zakopane mit einer Studentenbrigade auf einer Baustelle in der Hohen Tatra eingesetzt. Eine Bergstation für einen Sessellift war fertigzustellen, vor allem feinere Maurer- und Putzarbeiten. Ich konnte vor Ort zeigen, wozu gelernte Maurer fähig sind.

Bei der täglichen Arbeit kamen sich Lehrer und Studenten näher, lernten sich richtig kennen.  

 

 

Der Autor beim Arbeitseinsatz mit Studenten in Zakopane (1968)

  Dabei war ich entsetzt, wie wenig unsere Studenten von der Weltpolitik wußten, richtige Fachidioten, Brotgelehrte. In Prag gab es den Versuch eines Sozialismus mit menschlichem Antlitz, in Westeuropa eine erregende Studentenbewegung, in der Dritten Welt nationale Befreiungskämpfe, alles unbekannt. Niemand sprach an meiner Schule mit ihnen darüber, die Fachlehrer drückten sich vor Debatten. Als wir zurückkehrten sorgte ich als Parteisekretär für eine radikale Veränderung. Über die Partei- und Schulleitung, die Gewerkschaftsleitung und die der FDJ setzte ich eine Regelung durch, nach der jeder Lehrer, es waren über 100 für 2 000 Studenten, jeden Montagnachmittag ihren Studenten für politische Gespräche und Fragen zur Verfügung stehen mußte. Bei einer Lehrerkonferenz zum Studienbeginn erläuterte ich die Notwendigkeit einer solchen Regelung und die Erwartungen der herrschenden Partei. Da ich die Stimmung bei einigen erahnte, verwies ich auf deren Arbeitsverträge. Einige Lehrer murrten, einige Sportlehrer verließen in der Folge die Schule und später auch die DDR über Jugoslawien. Die Diskussionsrunden bewährten sich über lange Zeit, wurden zu echten Foren der offenen Diskussion, bis zu meinem Ausscheiden 1975. Ich hatte bei allem ein gutes Gewissen, schließlich galt es an einer sozialistischen Bauschule sozialistische Leiter für die sozialistische Praxis auszubilden. Später kamen mir jedoch Bedenken. Hatte ich nicht in der typischen Arroganz der Macht etwas Gutes, Humanistisches verfügt, aber mit diktatorischen Mitteln, ohne Respektierung der Menschen, die hier aktiv werden sollten? Kann man humanistische Ziele, Ideale, Werte mit antihumanen Mitteln durchsetzen? Ich tröstete mich mit dem Diktum von Brecht:

„Ach wir,

Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit

Konnten selber nicht freundlich sein.“

Es war wohl ein schwacher Trost für eine schöne Seele.

Ende der 80er Jahre war ich Lehrer an der Parteihochschule der SED in Berlin und in die Forschung der ZK-Akademie integriert. Mit einer kleineren Forschungsgruppe von Studenten, Lehrern und Leitern von Betrieben ging ich in einem Projekt der Frage nach, wie die Ausbildung der Parteikader zukünftig für die weltoffenen Bedingungen verbessert werden könne, denn die jetzige Form war anachronistisch. Die weltoffenen Bedingungen hatte ich in Aden studieren können, so daß ich die Lage in der DDR verfremdet sehen konnte. Die empirische Basis sicherten wir uns durch Untersuchungen in exportorientierten Kombinaten, und fanden Zustimmung von der Basis her. Was modernes Management sein konnte, fanden wir in der Literatur, vor allem aus Japan und den USA. Das Ergebnis unseres Strebens nach Klarheit war kritisch-konstruktiv: die Kader der Partei sind völlig ungenügend auf die Herausforderungen der 90er Jahre vorbereitet. Dazu machten wir Vorschläge zur inhaltlichen und formalen Umgestaltung.

Unser Projekt wurde, wie schon an der Basis in den Betrieben, auch im kleinen Kreis der Akademie begrüßt und gefördert. Das Große Haus, das benachbarte ZK der SED mit seiner Ideologie-Abteilung, erteilte uns keinen Segen von oben. Der Ideologie-Sekretär hatte weder für die Fragestellung unseres Projektes noch für die Ausgangsthese Verständnis, alles erinnere ihn ein wenig an Gorbatschows Perestroika, und die brauche man am wenigsten in der DDR. Wir als Bearbeiter waren natürlich enttäuscht und entmutigt, jahrelange Arbeit war umsonst geleistet, über die Notwendigkeit unseres Projektes waren wir uns einig. Aus ihm sollten Diplomarbeiten erwachsen, für mich eine Habilitationsschrift.

Zum ersten Male beschlich mich die sorgenvolle Frage: Wo steht die DDR, unsere Führung, wo stehe ich selbst am Ende der 80er Jahre? Wurde kritisch-konstruktivem Denken überhaupt noch Raum gegeben? Wir taten schön mit den Widersprüchen der Entwicklung im Innern und in der Außenpolitik, auf allen Politikfeldern; losgelöst von den Fragen der Menschen, wurde allein die Machtsicherung mit allen Mitteln betrieben, ohne Mut für Reformen. Dazu kam noch die Krankheit des ersten Mannes im Staat, der am Personenkult zugrunde zu gehen schien. War das alles durchzuhalten oder schon das nahe Ende eines Versuches, der so hoffnungsvoll begann? Die Praxis sprach ihr Urteil.

Bisher schienen mir alle Widerspruche des realen Sozialismus prinzipiell lösbar, auch der zwischen Oben und Unten, zwischen Politik und Ökonomie, Geist und Macht, Außen- und Innenpolitik. Man durfte nur nicht mit den Widersprüchen schöntun und sie einfach hinnehmen, jeder mußte um seine Visionen kämpfen und sich Verbündete suchen, da es in der Regel Betroffene an der Basis gab, zum Beispiel bei der Ausbildung von Funktionären für Partei und Staat. Hatten wir nicht sichere Wegweiser: die Klassiker, Beschlüsse, revolutionäre Erfahrungen seit 1917? Wir waren die humanistische Alternative in der Praxis, wir hatten die Einsicht in die Geschichtsdialektik und wachsenden Einfluß in der Welt, wie ich es selbst als Hochschuldozent in Aden erlebte.

Ein Untergang der DDR, ein Scheitern des Sozialismus, erschien mir als irreales Gedankenkonstrukt, lag außerhalb meiner Vorstellungswelt. Erst Ende der achtziger Jahre spürte ich Unruhe über den weiteren Weg, über unsere Möglichkeiten, alle Widersprüche, menschlichen Schwächen und Erbärmlichkeiten des Geistes zu beherrschen. Ich betäubte meine Sorgen, motivierte mich zu erhöhter Arbeit in Lehre und Forschung. Ich hoffe, meine Studenten spürten das.

Nun brachte jeder Tag neue Tatarenmeldungen der Medien, neue Enthüllungen und Storys über das Leben in der finstersten Diktatur, die es je gab, unmenschlicher als die Nazidiktatur. Am tiefsten bewegten mich Bilder und Kommentare von der BRD-Botschaft in Prag. Tausende fluchteten über den Zaun in die Freiheit, Kinder wurden gefährdet, was kann es Schlimmeres geben. Unser Generalsekretär reagierte mit einem ungeheuerlichen Satz: „Wir weinen ihnen keine Träne nach.“ Ich konnte nächtelang nicht schlafen. War das alles Diversion und Manipulation, wie wir es gelernt hatten?

Persönlich habe ich in diesen Jahren keine Gefährdungen erlebt. Natürlich war ich staatsnah, hatte Privilegien genossen - lebenslanges Lernen.

Meine Familie sicherte mir ein geschütztes Hinterland, alle Freunde hielten zu mir, auch meine ehemaligen Kollegen und Studenten wandten sich nicht empört ab, es gab auch nichts zu enthüllen, zu meinen Veröffentlichungen und Projekten stehe ich noch heute. Meine Arbeit lief in Eigenregie weiter. Bis zum Mai 1990 führte ich meine Philosophie-Seminare in Halle und Erfurt weiter. In Erfurt legte das Seminar die Diplomprüfung erfolgreich ab, wahrscheinlich die letzte in der DDR. Die Teilnehmer waren nicht mehr Funktionäre, sondern Mitbegründer der PDS, Mitstreiter der Bürger bewegten an den Runden Tischen im Lande, Existenzgründer in Treuhandbetrieben, Journalisten an neuen Zeitungen, Lehrer, einfache Arbeiter in der Produktion, so man dies zuließ.

Warum erlebte ich keine panischen Krisen und persönlichen Katastrophen? War ich ein Wendehals, das größte Schimpfwort der damaligen Zeit? Ich glaube, als Philosoph kommt man leichter über Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche, ich vermeide hier bewußt das Wort Revolutionen. Philosophie kann schützen vor nihilistischen Gedanken von der „ewigen Wiederkehr des Gleichen“, die ein kranker Denker aus Weimar anzubieten hat.

Die politischen Bewegungen und Ereignisse des Herbstes 1989 in Berlin und in vielen Städten der DDR waren persönlich schwer zu verinnerlichen und zu beurteilen. Ich versuchte kritisch-rationale Distanz zu wahren. Dabei half mir sicher die Einstellung, keine neue politische Karriere anzustreben oder dem zeitgemäßen Rufen zu folgen: Bereichert Euch!

Marx hatte schon im „18 Brumaire“ geschrieben, daß proletarische Revolutionen im ersten Versuch scheitern an ihrer Schwäche und ihren Erbärmlichkeiten, daß aber die sozial Benachteiligten aus ihrer Niederlage neue Kräfte schöpfen für die notwendige Emanzipation von Ausbeutung und Entfremdung auf Grund der Eigentumsverhältnisse. Deshalb machte es jetzt in dieser historischen Situation wenig Sinn, auf die unheilige Allianz der siegreichen Gegenkräfte zu fluchen.

Die Menschen in der DDR hatten in ihrer Mehrheit die historischen Schritte eingeleitet, die nun politische Konsequenzen zeigten. Die erreichten sozialen Menschenrechte, Recht auf Arbeit, auf Wohnen, Bildung wurden ihrer Wirkung auf die Menschen beraubt durch den Mangel an politischen Menschenrechten wie parlamentarische Demokratie, Meinungsfreiheit, Reisefreiheit. Die neuen Möglichkeiten der Reisefreiheit in das andere Deutschland hinter der Mauer nutzten alle, auch ich. Es war schon seltsam, von der Parteihochschule zum Brandenburger Tor zu bummeln und sich hinter der Mauer umzusehen, umgeben von ungezählten lustigen Menschen in Volksfeststimmung, auch wenn hinter der Mauer Uniformstücke der Roten Armee und Betonstücke der Mauer die Renner im Kaufangebot zu sein schienen.

Aus einer bewußten Abwehrhaltung hatte ich mir geschworen, auf die 100 DM Begrüßungsgeld für jeden DDR-Bürger zu verzichten. Aber in der Vorweihnachtszeit fand ich mich mit meiner Familie in einer Warteschlange vor dem Spandauer Rathaus wieder. Der Mammonismus als neue Religion und Ideologie spielte mir die neue Kaufkraft in die Hände. Ich kaufte sogleich Angelhaken und mir aus alten Zeiten bekannte Rasierklingen, den Rest wollte ich für einen modernen West-Regenschirm investieren, dafür reichte aber meine Begrüßung nicht, ich wurde auf die Währungsunion vertröstet.

Damit war mir die von Marx prophezeite Niederlage des ersten Versuches manifestiert worden.

War es nicht naiv, in der Niederlage des Sozialismus nach einer sozialistischen Sozialutopie Ausschau zu halten? Aber der Papst hatte ja verkündet - am Kommunismus war nicht alles schlecht. Ganz hinten im Hoffnungsbewußtsein hatte sich bei mir eine Kammer aufgetan, in der unsere Ideale und Werte geprüft und aufgehoben wurden für die Gegenwart und Zukunft.

Ich hoffte, daß das neue Deutschland ein ewiger Friedensstaat werden könnte, der Welt als Beweis, daß das Kriegerische des deutschen Wesens überwunden sei. Der friedliche Wandel der Wendezeit war dafür das Signal.

Zum anderen hoffte ich, daß das ökonomische Potential des größeren Deutschlands, beruhend auf dem Fleiß und der Qualität deutscher Arbeiter und Ingenieure, sozialen Humanismus im Inneren und im Äußeren fördern könnte. Hatte nicht schon in frühen Tagen ein Schneidergeselle Weitling gefragt, wie die Menschheit ist und wie sie sein sollte?

Schließlich hoffte ich, daß in Deutschland Lessings Toleranz, Goethes Weltbürgertum, Schillers brüderlicher Nationalstolz, Thomas Manns Hoffen auf einen sozialen Humanismus und der Internationalismus der deutschen Arbeiterbewegung die Men sehen im Alltag erreichen und bereichern könnte.

Mögen diese Hoffnungen auch naiv erscheinen, für die demokratischen Kräfte der DDR und der alten BRD schienen sie mir Herausforderung für den gemeinsamen politischen Kampf zu sein.

Mit meiner Frau nutzte ich die neue Reisefreiheit. Wir schlossen uns einer Reisegruppe aus Hannover an und fuhren mit dem Bus zum Mittelrhein, im September 1990 waren wir noch DDR-Bürger. Wir erlebten den „Rhein in Flammen“, genossen die Schönheiten des Rheintals von St. Goar bis Rüdesheim, bummelten durch die Altstadt von Bacharach, dort wo Heine seinen Rabbi leben und wirken ließ. Wir waren stolz auf unsere neue-alte Heimat, lernten fleißige, lebenslustige Menschen kennen, in einer Gaststätte in Rüdesheim wurde schon beim Mittagessen zum Tanz aufgespielt, und es wurde getanzt.

Es war sehr warm, und immer dann beginnt bei mir eine Zementkrätze an den Händen. Wir suchten und fanden eine alte Apotheke. Die Apothekerin, eine feine alte Dame, ganz in Schwarz gekleidet, führte mich nach hinten in ihre Alchimisten-Küche. Dort suchte und fand sie ihre spezielle Heilkieme, bestrich meine Hände und verband mich fürsorglich. Sie verlangte keine Bezahlung, sah mich aber mit traurigen Augen an, was mich schon ein wenig verunsicherte. Sie hatte erkannt, daß wir aus der DDR kamen. Noch heute bewegen mich ihre Abschiedsworte: „Was die armen Menschen im Osten noch alles von uns lernen müssen!“

Über menschliche Hoffnungen und Ängste kann man freischwebend philosophieren, das wirkliche eigene Leben, eingebettet in die Praxis einer neuen alten Gesellschaft ist aber konkret, widersprüchlich, konfliktreich, verlangt moralische Entscheidungen und letztlich verantwortungsbewußtes Handeln.

Zur Wendezeit 1989 war ich Wissenschaftlicher Oberassistent an der Parteihochschule „Karl Marx“ beim ZK der SED, ich unterrichtete Philosophie und schrieb an meiner Habilitationsschrift. Nun waren alle Lehrer in dem großen Haus in Berlin und an den Außenstellen in einer neuen Lage, ihre Welt im Zusammenbruch. Was soll aus mir werden? Wer halt die schützende Hand über mich?

Ich hatte mich schon im Herbst 1989 vorsorglich an Magdeburger Hochschulen als Lehrer beworben. Vordergründig wollte ich den täglichen Reisen nach Berlin, Halle, Erfurt, entkommen. Als Referent an Magdeburger Hochschulen hatte ich oft als Hermes der Götterbote mit Botschaften von ganz oben brillieren können, ich konnte ja aus der Forschung schöpfen und alle Quellen der Westliteratur sprudeln lassen. Jetzt aber kamen von den Kaderabteilungen der Hochschulen kurze und rigorose Ablehnungen, vor kurzem noch undenkbar. Offenbar wirkten schon die Evaluationen an den Hochschulen, denen sich alle Lehrer unterziehen mußten, politische Überprüfungen vor speziellen Kommissionen mit klarer Selektion von Gut und Böse. Manche entkamen ihrem Schicksal, indem sie sich als Widerstandskämpfer darboten, manche als Mitglieder der SPD seit 1960, manche als Opfer der DDR-Herrschaft, sie alle saßen in den Kommissionen gemeinsam mit westdeutschen Professoren, den späteren Führungskräften.

Die Ablehnungen trafen mein Selbstbewußtsein im Kern, ich hatte dies noch nie erleben müssen, Arbeit war immer vorhanden für jeden Gutwilligen, wenn man nur wollte. Über das Menschenrecht auf Arbeit wurde nie nachgedacht, es war verwirklicht.

Obwohl ich jahrzehntelang mit der in Altdeutschland produzierten antikommunistischen Ideologie gegen uns wissenschaftlich befaßt war, machte mich die Konsequenz, mit der antikommunistische Personalpolitik in Ostdeutschland ohne Rücksicht auf Menschenwürde und Menschlichkeit exekutiert wurde, sehr betroffen.

Ganz tief regte sich in mir das Bedenken: Bin ich vielleicht schon zu alt, ich war Mitte 50, da stand früher noch jede politische oder wissenschaftliche Laufbahn offen. Schließlich saßen im Politbüro 80jährige.

Ich mußte sachlich prüfen: Was kann ich, was will ich, wer braucht mich?

Bei der letzten Frage begann meine innere Unsicherheit: wer braucht mich eigentlich noch?

Der Sozialismus liegt in den letzten Zügen, trotz aller Versuche, ihn zu verbessern, ihn menschlicher zu gestalten; sozialistische Erziehung ist nicht mehr gefragt, wozu wäre ein Parteierzieher nutze?

Ich machte mich also auf eine virtuelle abenteuerliche Arbeitssuche, angetrieben von den Worten meines proletarischen Urgroßvaters: „Junge, verkauf Deine Arbeitskraft so teuer wie möglich!“ Es gab viele Projekte. Ich könnte wieder als Maurer versuchen, mein Brot zu verdienen. Zeitweilig träumte ich davon, wieder in Aden als Lehrer zu wirken, aber der Süden führte mit dem Norden des Jemen einen wilden Krieg, der mit einer Niederlage für den Süden endete.

Ich kündigte im Mai 1990 und meldete mich auf dem heimischen Arbeitsamt als Arbeitssuchender. Ich zog eine Nummer, nahm auf einer harten Bank Platz und wurde mit den freundlichen Worten „Was wollen Sie denn?“ von einer Beraterin begrüßt. Sie machte mir Vorschläge zu einigen gängigen Umschulungsangeboten: in vier Wochen zum Steuerberater, in drei Monaten zum Volks- und Betriebswirt. Ich konnte diese Angebote als unzumutbar ablehnen. Was blieb, war die Beantragung von Altersübergangsgeld für schwer Vermittelbare ab 55 Jahre für 5 Jahre bis zur Berentung und der Chance zum zwischenzeitlichen Einstieg in den Arbeitsmarkt. Mein Antrag wurde angenommen, so daß ich für die kommenden Jahre abgesichert war, sicher eine Sonderlösung für den Osten.

Eines Tages im Jahr 1992 fuhr bei mir ein schwarzer Mercedes vor, mit einem Braunschweiger Kennzeichen. Ihm entstieg ein älterer Herr im schwarzen Anzug und blauem Hemd, roter Weste und Silberkrawatte, Silberbrille und Silberhaar. Er wollte mit mir sprechen, stellte sich als Beratender Ingenieur vor. Er plane im benachbarten Magdeburg eine Bauakademie zu gründen und suche für seine GmbH einen geschäftsführenden Partner. Ich wäre sein Wunschkandidat, sein Urteil beruhe auf Anfragen bei Bauexperten und meinen ehemaligen Baustudenten. Ich sagte ohne Bedenkzeit zu.

Die folgende Zeit war ausgefüllt mit der Konzipierung des Bildungsangebotes, im Osten begann der Bauboom, neue Existenzgründer brauchten praktikable Erfahrungen in Baupreiskalkulation, Auftragsvergabe, Baurecht, Tarife, Umgang mit Geld. Für all das stand mein Kompagnon ein, er war Jahrzehnte als Bauleiter tätig gewesen.

Unsere wichtigste Aufgabe wurde jedoch die Beschaffung von Geld und nochmals Geld. Dazu mußten viele Töpfe angezapft werden, Fördermittel und Zuschüsse von Brüssel, aus Bonn, vom Land. Mein Kompagnon hatte klare Vorstellungen von seinem künftigen Gehalt, es überstieg bei weitem die gängigen Ministergehälter, aber das störte ihn wenig. Mein Gehalt war ebenfalls traumhaft, gemessen an dem gewohnten Einkommen zu DDR-Zeiten. Gespart werden sollte bei den Gastdozenten und den weiteren Mitarbeitern. Unsere Akademie brauchte noch das passende Ambiente. Dafür war ich zuständig. Zu dieser Zeit überschrieb die Treuhand Betriebsferienheime der Kombinate kostenlos an Bildungsträger. Ich meldete mich bei einem Abwickler, einem etwas närrischen Schwaben, der mich mit der Frage empfing: „Haben Sie ein Pferd?“ Damit sollte ich durchs Land reiten und ihm ein Objekt benennen. Das er mir dann überschrieben hätte, mit einer kleinen Spende verbunden. Ich dachte, ich wäre in einem amerikanischen Wildwest-Film.

Wir machten uns erst einmal an die Akquisition von jungen Existenzgründern. In der Altmark besuchten wir gemeinsam einen ehemaligen Studenten meiner Schule. Er hatte eine Baufirma gegründet und befand sich im elementaren Existenzkampf mit Banken, säumigen Bauherren und aufmüpfigen Kollegen auf den Baustellen. Mein Kompagnon beriet ihn stehenden Fußes, lud ihn aber ein zu seinen Lehrgängen zur Vertiefung existentieller Weisheiten. Zum Schluß holte er Luft und fragte meinen Studenten: „Wie war eigentlich Ihr Lehrer während des Studiums?“ Auf die Antwort war ich gespannt, denn er war Mitglied unserer Parteileitung gewesen. „Er war immer ein echter Sozialist, ein Vorbild für mich und viele Studenten, weil er alle zu echten Sozialisten erziehen wollte. Aber die Menschen waren nicht danach, vielen fehlte die Reife. Darum haben wir jetzt den gewöhnlichen Kapitalismus.“

Er lachte noch und erinnerte sich an unsere Brigade in Zakopane: „Außerdem kann er mauern und putzen.“

Wie sollte ich mich dazu stellen? Auf der Heimfahrt wendete sich mein Kompagnon unvermittelt an mich: „Als christlicher Mensch frage ich mich immer: Sie haben so gute, ehrliche Menschen ausgebildet, Sie hatten Vorbilder und waren selbst Vorbild. Sie kannten nicht die Herrschaft des Mammons über die Menschen. Irgend etwas müssen Sie trotzdem falsch gemacht haben?“ Wenn ich darauf eine bündige Antwort geben könnte. Unsere Begegnung in der Altmark hatte für mich die Konsequenz, daß ich beschloß aus dem Projekt einer Bauakademie auszuscheiden. Ich glaube, mein Partner verstand mich. Vielleicht war ich zu sehr pädagogischer Idealist, als daß ich mich über die moralischen Wirkungen meiner Tätigkeit täuschen konnte. Außerdem war ich erleichtert, der neuen Religion und ihrer Missionskraft zu entgehen, ihrem Credo „Geld regiert die Welt“.

Ich wollte als Fachlehrer kein Brotgelehrter sein, der gegen sein Wissen und Gewissen praktische Anleitung für Herrschaftsformen zu geben hatte, die mir wesensfremd waren, z B wie man Werktätige besser ausbeuten und das Gemeinwesen, so es das gab, bei Ausschreibungen, Abrechnungen und Gewährleistungen im Baugewerbe besser betrügen könne. Manche mögen das belächeln als eine Ethik des pädagogischen Idealismus, aber Selbstachtung sollte bei mir nicht durch bare Zahlung oder Karriere käuflich sein Wie hätte ich da vor meinen ehemaligen Studenten bestehen können?

Für mich begann jetzt eine neue Lebensphase, ich war Mitte 50, sechs Jahre nach der Wende. Ich lebte ohne Erwerbsarbeit, Existenzgrundlage war das Übergangsgeld zur Rente.

Die 40 Jahre DDR, damit hatte ich mich abgefunden, waren mein aktives Berufsleben. Ich hatte über Nacht soviel Freizeit und damit Freiheiten, von denen ich früher nur geträumt hatte. Mein fester Lebensmittelpunkt, meine Burg, von deren Zinnen ich auf das unruhige Land herunterblicken konnte, war meine Stadtwohnung, deren Grundriß ich mitgestaltet hatte.

Vor 30 Jahren hatte meine damalige Schule beschlossen, von der Stadt eine ausgebombte Villa aus der Gründerzeit zu übernehmen, um damit Lehrerwohnungen zu schaffen. Ich wurde Bauleiter für die groben Maurerarbeiten, 3 000 Stunden habe ich unentgeltlich geleistet, um meiner Familie eine Heimat zu geben. Unsere kleine Tochter sagte nach dem Umzug aus einer provisorischen Wohnung aus vollem Herzen: „Hier bleiben wir, bis wir sterben.“ In der Folgezeit wurde unser Haus mit seinem großen Garten Heimat für neun Familien Die dreizehn Kinder wuchsen wie Geschwister auf. Ohne ins Idyllische oder Nostalgische abzugleiten, wir waren wirklich so etwas wie eine sozialistische Gemeinschaft, ohne große Besitzunterschiede und -ansprüche, Eigentümer und Nutzer eines kleinen Schlosses.

Zur Wendezeit übernahm ich es als Hausvertrauensmann, Einsicht in das städtische Grundbuch zu nehmen, dort stand eindeutig, Eigentümer unseres Hauses ist die Stadt seit 1945, seit 1967 gibt es einen Nutzervertrag mit unserer Schule.

Aber um uns herum geschahen seltsame Veränderungen. Kürzlich parkte von uns etwas entfernt ein großer Wagen mit bayrischem Kennzeichen. Wir bekamen ungebetenen Besuch von Herren in dezentem schwarzen Tuch, von properen Frauen in Trachtenkostümen. Meist kamen sie am Vormittag, sie musterten den Garten, jede Wohnung hatte eine Loggia nach Süden, was den Betrachtern zu gefallen schien Sie fotografierten alles. Später kamen noch andere Gestalten hinzu mit Maßband und Skizzenblock. Sie erschienen uns wie fremde Krähen, die nach einer Ernte scharrten, ohne je gesät zu haben. Hätte ich fragen sollen, was das alles zu bedeuten hätte? Ich sah keinen Grund.

Aus heiterem Himmel, völlig unerwartet, fand jeder Mieter eine städtische Botschaft, wonach unser Haus mit Grund und Boden an eine Erbengemeinschaft der Familie P. rückgeführt worden sei, eine neue Kontonummer für unsere Miete war bei gefügt.

Wir erinnerten uns an den ersten Bautakt vor 30 Jahren. Bei Abriß- und Aufräumarbeiten hatten wir in einem Tresor, den wir aufgebrochen hatten, eine Flasche Wein des Jahrgangs 1936, mehrere Akten und Unterlagen gefunden, vor allem Wehrpässe. Der Hausherr P. war danach SS-Hauptsturmführer, dazu kamen noch Ausweise des SS-Stabsarztes H., Unterlagen des Wehrwirtschaftsführers H. v. N., ein Rüstungsfabrikant, Chef meiner Mutter. Sie hatten offensichtlich in den letzten Tagen ihrer Herrschaft in ihrer-unserer Villa gelebt und konnten bei ihrer Flucht in den Westen ihre Unterlagen nicht mitnehmen. Jetzt waren ihre Erben wieder aufgetreten mit ihren Besitzansprüchen, denen dann auch stattgegeben wurde. Damals hatten wir nach dem Fund in unserer Naivität erst einmal die Flasche Wein ausgetrunken und, da es Winter war, uns an einem kleinen Holzfeuer gewärmt und dabei die ganzen Unterla gen verbrannt. Was kümmerten uns die alten Zeiten und die andere Welt.

Das Schicksal unseres Hauses und unser eigenes Schicksal ist schnell erzählt. Wenige Tage nach dem städtischen Bescheid meldete sich bei uns ein Apotheker aus Braunschweig und teilte uns mit, er habe unser Haus von der Erbengemeinschaft gekauft und wolle es jetzt schnell ausbauen, mit Luxuswohnungen für Ärzte, Künstler, Politiker und Banker. Die Zeit drängt wegen der Fördermittel im Osten. Außerdem brauche er Baufreiheit für die Baugewerke. Er biete jedem Mieter eine hohe Abfindung, da wohl keiner von uns den neuen hohen Mietzins bezahlen könne. Mir persönlich bot er an, mich als Hausmeister in einer Erdgeschoßwohnung unterzubringen, da ich ja mit dem Haus innig verbunden wäre. Eigentlich sei er ja ein 68er während seiner Göttinger Studienzeit gewesen, aber jetzt sehe er seine einmalige Chance im Osten, Geld günstig anzulegen.

Eine Familie nach der anderen zog aus, wir als letzte. In der letzten Nacht sah ich sie alle antreten zum Tanz um das Goldene Kalb, die ergrauten Gründerväter, die braunen Gestalten der Nazizeit, den fixen Apotheker, die schwarzen Erben, wir und unsere Kinder als naive Betrachter der deutschen Geschichte, jetzt verdrängt von neuen Mietern - Ärzte, Künstler, Politiker, Banker. Unser Haus schien zu stöhnen und zu ächzen unter der historischen Last.

Wir zogen in den Plattenbau einer Großsiedlung am Rande der Stadt. Wir wohnten hier zusammen mit normalen Menschen, noch Arbeitenden, Rentnern, Spätaussiedlern und immer mehr Arbeitslosen. Letztere verbrachten ihre Tage auf dem Balkon, rauchend und Bier trinkend, ihre Nächte verbrachten sie vor dem Fernseher. Wir sind froh, daß die Rechten bei uns noch keine befreite Zone ausgerufen haben.

Zum Schluß die Gewissensfrage Was bleibt also vor uns?

Zum einen ist da der historische Versuch, Ideale und Hoffnungen der Menschheit Wirklichkeit werden zu lassen, und dies unter ganz eigenen konkreten Bedingungen Schon immer war die Suche nach einer besseren Welt geistiger Anreiz und Motiv für progressive Klassen und ihre Denker, eine Welt frei von Ausbeutung und Entfremdung zu errichten. Die subjektiven Versuche wurden allzuoft von der Wiederkehr der ewig gleichen Sachzwänge der Klassengesellschaften neutralisiert oder in das Jenseits verwiesen, wenn nicht gar mit Waffengewalt und Terror vernichtet. Daß dieser Versuch in einem Teil Deutschlands 40 Jahre lang Realität blieb, ist das bleibende Verdienst der Agierenden, denn deutsche Denker waren bisher immer gedankenvoll und tatenarm.

Das Scheitern dieses Versuchs zwingt zur kritisch-selbstkritischen Analyse, sowohl bei den ,Erziehern der Erzieher’ als auch bei allen Gesellschaftsmitgliedern.

Zum anderen ist da Lebenserfahrung der beteiligten Generationen bleibend für die Nachgeborenen. In der Praxis bildete sich eine neue Mitmenschhchkeit aus, eine weltweite Solidarität, es zeigte sich die soziale Wirkung befreiter Arbeit, der Friedenswille war allgemein - alles neue Phänomene, die in Elementen bewußt oder unbewußt wirkten. Diese Erfahrungen können in der globalisierten kapitalistischen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts Motiv werden, neue Wege für soziale Gerechtigkeit, soziale Demokratie und sozialen Humanismus zu suchen und zu finden. Wege für die Mehrheit der Menschheit, gegen den Rückfall in die Barbarei der Kriege und der Ausbeutung. Dafür ist aktives Handeln aller Betroffenen notwendige Bedingung - eine bleibende Erkenntnis aus dem ersten sozialistischen Versuch auf deutschem Boden.

Als Maß hatte ich drei Hoffnungen für die Zeit nach der DDR genannt, für ein demokratisches und liebenswertes Deutschland:

Deutschland muß in der Welt ein Friedensstaat sein. Auf dem Parteitag der PDS in Münster im Jahr 2000 habe ich als Delegierter gegen den Antrag des Bundesvorstandes gestimmt, welcher dem Bundesvorstand und der Bundestagsfraktion der PDS - unter der Bedingung eines UN-Mandates - nach Einzelfallprüfung die Möglichkeit gab, internationalen Militär- (bzw. Polizei-) Einsätzen zuzustimmen. Die Hand zu heben zur Ablehnung ist an sich keine bemerkenswerte Heldentat. Ich wollte aber so mit der Mehrheit ein Zeichen setzen gegen die Trennung von oben und unten in einer erneuerten sozialistischen Partei, die erste Schritte in Richtung Krieg ermöglichen könnte.

In Deutschland muß für soziale Gerechtigkeit, soziale Demokratie und sozialen Humanismus gekämpft werden. Als Vorsitzender eines Magdeburger Bürgervereins habe ich Mietern von städtischen Wohnungen Mut gemacht, sich in Mieterbeiräten für sozial Schwache stark zu machen für das Menschenrecht auf Wohnen.

Zur geistigen Kulturlandschaft Deutschlands gehört streitbare politische Bildung. In einem Bildungsverein im Lande, unterstützt von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, habe ich eine Initiative für sozialen Humanismus und eine Zweite Aufklärung gegründet. Seit Jahren veranstalten wir Diskussionsforen und publizieren Streitschriften. Wir hoffen so zum Dialog vieler humanistische Menschen unterschiedlicher Weltanschauung und politischer Bildung beizutragen, in aller gebotenen und anerzogenen Bescheidenheit. 


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