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Gute Bücher begleiteten mich von Kindheit an

 

Als ich im Januar 1955 in Leipzig geboren wurde, studierten meine Eltern beide in Berlin. Ich wuchs bei meinen Großeltern in Döbeln auf und wohnte dort bis in die Kindergartenzeit. Die ersten Kinderbücher in Leporelloformat muß ich schon damals „verschlungen“ haben. Sicher hat meine Faszination „Buch“ da ihren Ursprung.

Nach dem Ende des Studiums wohnten wir wieder in Leipzig, und der August 1961 brachte viel Aufregung für mich, die Vorbereitungen für meinen Schulanfang.

Der 1. September war nicht nur der Beginn einer zehnjährigen Schulzeit, gleichzeitig wurde ich Pionier. Stolz trug ich mein blaues Halstuch und fühlte mich vor allem gegenüber meinem jüngeren Bruder so richtig „groß“.

Mühe machte das Erlernen des Schreibens, und ich erinnere mich heute noch an die Tricks, mit denen meine Mutter versuchte, mir auf die Sprünge zu helfen. „Sieh den Henkel der Tasse an, er gleicht dem Hals einer Zwei. Nun probier’, ihn einfach abzumalen. Hier sind zwei Punkte, der Zug fährt darum. So sieht die Acht aus.“ (Etwa zwanzig Jahre später versuchte ich auf gleiche Weise, meinen Söhnen das Schreibenlernen zu erleichtern.)

Quelle- Bildarchiv d. Mark. Allgem

Enge Verbindung der Autoren zu ihren Lesern: Der Schriftsteller Erik Neutsch während einer Signierstunde

 

Mit dem Erlernen des Lesens war es etwas einfacher, da selbst bei einem langen Krankenhausaufenthalt das Üben nicht vergessen wurde. Bücher begleiten mich seitdem durch mein Leben. Ein Märchenbuch der Brüder Grimm, die Märchen kannte ich ja, half mir, die sogenannte alte deutsche Schrift lesen zu lernen. Heute noch freue ich mich darüber, in Museen oder Antiquariaten Buchtitel oder alte Urkunden entziffern zu können. Auch das „Manifest“ als Reprint steht mir als Lektüre zur Verfügung.

Vom Elternhaus gewohnt, Tageszeitung zu lesen, abonnierte ich meine eigene, die „Junge Welt“, in der Zeit der Jugendstunden zur Vorbereitung auf die Jugendweihe. Erst nach 1990 stellte ich ihren Bezug aus finanziellen Gründen wieder ein.

Die Mitgliedschaft im „Buchclub 65“ war eine hervorragende Gelegenheit, sich eigene Bücher anzuschaffen. Sieben Mark kostete der Monatsband, und ein dreizehntes Buch gab es als Geschenkband dazu. So wuchs meine „Bibliothek“ Jahr um Jahr. Auf diesem Wege lernte ich Balzac, Maupassant, aber auch Jewtuschenko und viele andere kennen. Durch mein Interesse für historische Romane „begegnete“ ich Persönlichkeiten, die mich faszinierten und indirekt meinen Berufswunsch beeinflußten. Zuerst wollte ich Bibliothekarin werden, um immer mit Büchern umgehen zu können. Doch das Interesse für Physik war stärker. So wurde ich Physiklaborantin. Ein biographischer Roman über Marie und Pierre Curie hat dazu beigetragen.

Nach mehreren Wohnortwechseln lebe ich seit 1976 im Berliner Umland. Erst ab 1981 arbeitete ich wieder als Physiklaborantin, und 1985 begann ich eine Ausbildung an der Berufsfachschule der Akademie der Wissenschaften zur physikalisch-technisehen Assistentin. In dieser Zeit entdeckte ich unsere Gewerkschaftsbibliothek, in der es natürlich nicht nur Fachliteratur oder Lexika zur Ausleihe gab. Für besonders gefragte Titel gab es lange Wartelisten, so z. B. für den Bildband über Romy Schneider.

Die Buchhandlung in meinem Wohnort lag auf dem Heimweg, so daß ich zeitweilig täglich vorbeischaute. Auf diese Weise gelang es, auch Raritäten, wie manche Märchenbücher, zu ergattern.

1991 wurden die Institute der Akademie aufgelöst und damit auch die jeweiligen Bibliotheken. Ich nutzte die Gelegenheit, mir noch viele Bücher und Schallplatten zu kaufen bzw. sie kostenlos mitnehmen zu können. Mich erfüllt noch heute Wehmut, wenn ich an diese „Aktion“ denke.

Meine Söhne sind 1975 und 1977 geboren und immer mit Büchern aufgewachsen. Leider hat sich meine Leidenschaft nicht auf sie übertragen.

Das heutige Angebot in den Buchhandlungen finde ich zum Teil sehr verwirrend, vor allem weil mir der größte Teil der Autoren unbekannt ist. Werke der Weltliteratur sind aus den Auslagen fast verschwunden. Nur bei Jubiläen findet dann der Leser ein umfangreiches Angebot, siehe Goethejahr.

Petra Haase


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