vorhergehender Beitrag

Inhaltsverzeichnis

nächster Beitrag


Auf der Dresdner Landstraße

 

Mein Geburtsjahr ist 1922. Ich wuchs in einer Chemnitzer Arbeiterfamilie auf, die außer mir nur aus Mutter, Großmutter, Großvater und meinem zwei Jahre jüngeren Bruder bestand. Vater sei tot, sagte man uns Kindern.

Die Mutter knüpfte zu Hause Netze und repassierte Strümpfe. Später verrichtete sie in einer Stoffabrik schwere Arbeit. Großvater war Gußputzer, und Großmutter besserte die Haushaltskasse durch Stricken, Waschen und Wäscheausbessern auf.

Mein Bruder und ich schliefen in einer großen Bodenkammer, in der sich allerhand Schätze in Form von Büchern, Zeitschriften und den „Weihnachtssachen“ befanden. Deshalb waren wir gern dort, und wenn der Regen auf das Dach prasselte, fühlten wir uns richtig geborgen.

Durch die Mutter wurden wir christlich erzogen und hauptsächlich von unserer Großmutter betreut. Da meine Entwicklung im Einklang mit den im 3. Reich herrschenden Verhältnissen stand, war ich Mitglied im „Bund deutscher Mädchen“ (BDM), wurde mit 18 Jahren in die NSDAP aufgenommen, leistete freiwillig Arbeitsdienst und erhielt anschließend meine Verpflichtung zum Kriegshilfsdienst in einer Munitionsanstalt.

Politische Vorkommnisse hinterfragte ich nicht. Denn hätte ich jemanden gefunden, den ich fragen konnte? Und hätte ich das überhaupt gewollt? Mein Traum war die große deutsche „Volksgemeinschaft“. In die Konzentrationslager, so wurden wir unterrichtet, kamen nur Volksverräter und sonstige Verbrecher. Deshalb war es ein ziemlicher Schock, als meine Mutter mir ein Jahr vor Kriegsausbruch mitteilte, daß unser Vater Kommunist gewesen sei und sich seit 1933 als KZ-Häftling in Dachau befinde. Später erfuhr ich noch, daß er bereits wegen seiner Teilnahme an den Kämpfen um die Bayrische Räterepublik zwei Jahre im Gefängnis gesessen hatte.

Im Frühjahr 1945 arbeitete ich als Verwaltungsangestellte im Landdienstlehrhof Koppelsdorf bei Bad Schandau. Dort sollten „Wehrbauern“ für die eroberten Ostgebiete ausgebildet werden. Unser Leiter unterstand der nationalsozialistischen „Reichsjugendführung“. Während eines Kurzurlaubs im März suchte und fand ich in Chemnitz meine Angehörigen, die kurz vorher ausgebombt worden waren. Danach wollte ich wieder nach Bad Schandau zurückkehren.

 

Die Bahn fuhr nicht mehr, und so machte ich erstmals zu Fuß Bekanntschaft mit der Dresdner Landstraße zwischen Chemnitz und Niederwiesa. Unter der Eisenbahnbrücke Niederwiesa stand ein Militär-LKW. Wie ich später von den Fahrern erfuhr, transportierte er Verbandsmaterial. Wegen der Gefahr von Tieffliegerangriffen warteten sie mit der Weiterfahrt bis zur Dunkelheit und nahmen mich danach mit. Einige Holzkreuze mit Stahlhelmen am Straßenrand schienen ihre Sorge zu rechtfertigen. Dennoch lautete die Unterhaltung der beiden etwa so: „Der Führer hat gestern gesprochen und daraufhingewiesen, daß nichts verloren ist, wenn alle Befehle befolgt werden!“

In der Ferne hörten wir Donnergrollen. Die beiden Männer wußten nicht, ob es sich um Gewitter oder Geschütze handelte. Ich mußte aussteigen, während sie weiterfuhren.

Heute erinnere ich mich weder, auf welche Weise ich danach Bad Schandau erreichte, noch an Einzelheiten meiner Rückkehr nach Chemnitz wenige Tage später. Da meine Verwandten ihre dortige Notunterkunft verlassen mußten, wollte ich sie nach Koppelsdorf bei Bad Schandau mitnehmen, wo ich ein Zimmer bewohnte. Also wanderten wir zu dritt - Mutter, die 76jährige Großmutter und ich - Großvater war schon vor einiger Zeit gestorben und der Bruder längst Soldat - mit unserer in Taschen und Rucksäcken verstauten Resthabe los und immer die Dresdner Landstraße entlang. Aber es ging nur langsam voran. Mit einbrechender Dunkelheit erreichten wir eine Gaststube und erwarteten bei Kerzenlicht den Morgen. Danach machten wir uns wieder auf den Weg und gelangten bald an die Niederwiesaer Eisenbahnbrücke. Zwar stand auch diesmal ein LKW darunter, aber man wollte uns nicht mitnehmen. Zum Glück lotste uns danach eine hilfreiche alte Dame in den Gemeinderaum des an der Brücke gelegenen Niederwiesaer Pfarrhauses, wo für Flüchtlinge Doppelstockbetten mit Strohsäcken bereitstanden und noch Plätze frei waren. Nun hatten wir vorerst wenigstens ein Dach über dem Kopf.

Quelle: Privatarchiv L Welz

Alte Dresdner Landstraße mit Brücke und Pfarrhaus Niederwiesa, Kreis Flöha Aufnahme vom April 1999

 

Aber auch danach mußte ich noch oft „meine“ Landstraße entlanglaufen. Bis zum Stadtrand von Chemnitz waren es 8 km. Zuvor führte sie allerdings durch den Zeißigwald. Dort zweigte der kürzeste Weg zu unserem Gartengrundstück ab. Die Laube war zwar durch den Luftdruck der Bombenangriffe eingestürzt, aber es gab doch noch einiges zu bergen oder wenigstens als Feuerholz wegzutragen. Eines Tages lief ich von dort quer durch den Wald, als unter militärischer Bewachung eine Gruppe ausgemergelter Gestalten in Sträflingskleidung an mir vorüberschlich. Wohin?

Die Chemnitzer Innenstadt war zu 90 % zerstört. Ich konnte mir nicht vorstellen, daß aus diesen Trümmerbergen jemals wieder etwas entstehen könnte. Aber einmal wanderte ein etwa 50-60jähriger, gutgekleideter Mann neben mir die Straße entlang. Er war Inhaber einer stadtbekannten Porzellanhandlung und vom Gegenteil überzeugt. Offenbar kannte er die Allmacht von Besitz.

Und dann war zwar der Krieg endlich aus, aber zunächst niemand da, der das Nötigste für die Menschen organisierte. Sämtliche Niederwiesaer Verantwortlichen hatten sich nach dem Westen abgesetzt. Diese Auskunft erhielten wir von einem „Nachzügler“, bevor er den gleichen Weg ging. Immerhin schenkte er uns noch einige der im Schulgebäude lagernden Decken.

Danach hieß es, wir seien „Niemandsland“ in der Demarkationslinie zwischen Amerikanern und Sowjets. Mitten auf der Bahnstrecke hielt ein aus der Tschechoslowakei kommender Güterzug mit verwundeten deutschen Soldaten. In Chemnitz gab es Lazarette, aber man mußte erst langwierige Verhandlungen führen. Inzwischen traten Todesfälle ein. Auf dem Friedhof wurden Gruben ausgehoben, und der Pfarrer kümmerte sich um die Beisetzungen. Einige Leichtverwundete übernachteten in unserem Flüchtlingslager und verschenkten Preßkaffee-Tabletten. Für jede von ihnen erhielten wir von der Bäckersfrau ein großes, rundes Brot.

Quelle: Privatarchiv L. Welz

Die Gräber aus dem Jahr 1945 auf dem Friedhof Niederwiesa Aufnahme vom April 1999

 

Danach war meine Landstraße tagelang sehr belebt. Endlose Kolonnen befreiter Zwangsarbeiter zogen gen Osten. Einzelne hatten einen Handwagen. Ich kam mit einem Bündel aus dem Garten. Sie legten es obenauf, und ich marschierte in ihrer Mitte die Straße entlang. Keiner sprach, aber alle hatten frohe Gesichter, denn sie zogen in ihre Heimat. Mir fiel ein Pferdegespann auf, das neben der Straße in entgegengesetzter Richtung über die junge Saat fuhr. Ich war empört, denn wir hungerten. Gleichzeitig traf mich wie ein Blitz die Erkenntnis, wie viel schlimmer noch die Verwüstungen waren, die deutsche Soldaten in fremden Ländern, vor allem im Osten, angerichtet hatten.

In unserem Lager gab es vorübergehend zusätzliche Einquartierung: weitere Flüchtlinge, und besonders die Kinder in erbarmungswürdigem Zustand, mit ganz dünnen Ärmchen. Eine Familie hatte knapp den Typhus überstanden. Der zum Skelett abgemagerte Mann wohnte im Pfarrhaus; die Mutter und beide Töchter lagen noch im Chemnitzer Krankenhaus. Ich kochte ihre Wäsche und hing sie in die Sonne. Von Bauern hatte der Familienvater eine Flasche Milch für seine Kinder erbettelt. Mit dieser Kostbarkeit lief ich meinen gewohnten Landstraßenweg, pflückte unterwegs Heidelbeeren, gab alles im Krankenhaus ab und marschierte wieder zurück.

In einer der damaligen Zeitungsmeldungen wurde mitgeteilt, daß der Vorstand eines deutschen Rüstungsunternehmens sein tiefes Mitgefühl für die Leiden des deutschen Volkes ausgedrückt habe. Das empfand ich als kaum zu überbietenden Zynismus.

Bald wurde es erforderlich, alle Lagerbewohner zu entlausen. Aber ausgerechnet jene alte Dame, die uns so hilfreich in das Lager gelotst hatte, verweigerte sich ganz entschieden. Ihr falscher Zopf hing nachts am Bettpfosten, und wir konnten beobachten, wie das Ungeziefer darauf herummarschierte.

Irgendwann hatte ich mich verletzt und hinkte bei einem meiner Märsche mit verbundenem Fuß die Landstraße entlang. Denn stur, wie ich war, wollte ich trotz der Behinderung ein Sträußchen Petersilie aus unserem Garten holen. Bei der Lebensmittelzuteilung erhielten wir Nudeln. Salz hatten wir nicht, nur Wasser. Da schien es mir nötig, den faden Geschmack wenigstens mit etwas Petersilie zu verbessern. Mein Fuß tat ganz schön weh. Deshalb war ich froh, als ein sowjetisches Militärfahrzeug anhielt und mich bis zu meiner Waldabzweigung mitnahm.

Ein andermal, als ich barfuß, die Schuhe in der Hand, in Richtung Niederwiesa unterwegs war, hielt ein richtiger PKW - in der damaligen Zeit ein seltener Anblick - und ein Sowjetbürger in Zivil lud mich zum Mitfahren ein. Er erkundigte sich, ob ich Arbeit habe. Tatsächlich hatte ich im Erzgebirge eine Beschäftigung gefunden - in der Spinnerei Lößnitzthal. Das bedeutete nicht nur frühmorgens und abends eine umständliche Bahnfahrt, sondern auch großen Lärm sowie viele Marschkilometer in der Werkhalle. Denn das minderwertige Garn riß häufig, und um die Fäden wieder aneinander zu legen, mußten wir ständig mit der Maschine laufen. Wir waren stolz auf die geleistete Arbeit, wenn ein Arbeitsgang abgeschlossen war und die Garnkopsen endlich „geerntet“ werden konnten. Aber wir ruhten uns vor der Heimfahrt nur allzugern auf einer Wiese aus. Manchmal suchten wir auch den nahegelegenen Wald nach eßbaren Pilzen ab, fanden aber nur selten welche.

Inzwischen spielten die Chemnitzer Theater wieder in verschiedenen Behelfshäusern, und ich war als Zuschauerin bzw. Zuhörerin dabei - in einem Kleid, das meine Mutter mit der Hand aus einem Bettlaken genäht hatte, verziert mit einem selbstgestickten Gürtel. Allerdings mußte ich meine Straße dann im Finstern zurückmarschieren. In einem Waldabschnitt raschelte es einmal neben mir im Straßengraben. Ich bekam einen tüchtigen Schreck, trat aber fest auf und hoffte, daß es nur ein Tier war.

Ein andermal kehrte ich von einer Nachmittagsveranstaltung zurück. Es war noch hell, aber meine Naivität spielte mir beinahe einen bösen Streich. Am Straßenrand stand ein Militärfahrzeug. Ein Sowjetsoldat kam auf mich zu und fragte etwas. Natürlich verstand ich nichts, nahm an, daß er eine Panne habe und zeigte in Richtung Niederwiesa. Ich wollte ihm damit bedeuten, er solle mitkommen und Unterstützung holen. Statt dessen landete ich im Straßengraben. Immerhin ließ mich der Soldat los, nachdem ich um Hilfe rief. Als ich noch nach ihm trat, brachte mir das eine Ohrfeige ein. Aber danach ließ er mich gehen, und ich zog erleichtert meine Straße weiter. Es handelte sich wohl vor allem um ein gegenseitiges Mißverständnis. Jedenfalls waren meine Angst und Abwehr respektiert worden

Eigentlich empfand ich keine Abneigung gegen die Rotarmisten, sondern eher Sympathie. Uns war ja früher eingeimpft worden, daß die Russen „Untermenschen“ seien. Und dieser Behauptung widersprachen nun meine vielfachen Begegnungen mit Sowjetbürgern. So war ich mit vielen anderen ehemaligen NSDAP-Mitgliedern der Anordnung nachgekommen, mich in der Kommandantur zur Ausweiskontrolle zu melden. Besonders wohl fühlte ich mich dabei nicht, denn immerhin war in dem Dokument meine frühere Anstellung bei der faschistischen Jugend vermerkt. Doch ich konnte die sowjetischen Offiziere - es war auch eine Frau dabei - nur bewundern. Sie kontrollierten meinen Ausweis ernst und sachlich - selbstbewußt, aber ohne Siegerallüren - und ließen mich danach unangefochten auf meiner Landstraße „nach Hause“ ziehen.

Später lernte ich mit großem persönlichen Gewinn die sowjetische Literatur kennen. Auch der Gesang der Rotarmisten in der Marschkolonne - Vorsänger und einfallender Chor - beeindruckte mich.

Mein Bruder kam aus englischer Kriegsgefangenschaft zurück, und bald danach zogen wir zu zweit mit einem geborgten Handwagen zur Erfüllung einer traurigen Pflicht in Richtung Chemnitz. Denn da wir unseren Garten weder bebauen, noch Pacht für ihn zahlen konnten, mußten wir ihn aufgeben. Wir sägten unsere altvertraute Birke um und transportierten sie, grob zerteilt, ins Pfarrhaus. Dort bewohnten wir nun ein Zimmer und zwei Abstellräume.

Inzwischen hatte der Arzt bei mir einen allgemeinen Erschöpfungszustand diagnostiziert, der vor allem durch den anhaltenden Hunger ausgelöst wurde. Wir erhielten die niedrigsten Lebensmittelkarten, besaßen nichts zum Tauschen und eigneten uns weder zum Betteln noch zum Klauen. Obwohl die Behörden gegensteuerten, blühte für Leute mit Geld und entsprechenden Beziehungen der Schwarzhandel. Die meisten Menschen mußten aber auf den abgeernteten Feldern mühsam Ähren lesen oder Kartoffeln stoppeln, um sich irgendwie am Leben zu erhalten.

Man verschrieb mir Bäder mit Massagen, die ich in Chemnitz nehmen sollte. Das war gut gemeint, doch nun mußte ich meiner Straße eine Absage erteilen. Hin und zurück mindestens 20 km Wegstrecke, dazwischen noch Bad und Massage - das war in meinem Zustand nicht mehr akzeptabel.

Das vorläufig letzte Mal, erinnere ich mich, bewältigte mein Bruder diesen mir inzwischen so vertrauten Abschnitt der Dresdner Landstraße zu Fuß. Er hatte am erweiterten Hilbersdorfer Bahnbetriebsgelände ein Rednerpult entdeckt und schleppte es auf dem Rücken ins Pfarrhaus. Diese Konstruktion eignete sich danach hervorragend für einen Kaninchenstall. Für irgendeine Arbeitsleistung bekamen wir einen wunderschönen grauen Karnickelbock. Als wir ihn einmal zum Decken ausliehen, brachte er uns sogar ein Brot ein.

Ich selbst sollte erst Jahre später, nunmehr als Leipzigerin, mit meiner Tochter nochmals auf der bekannten Straße von Niederwiesa nach Chemnitz wandern und staunen, wie leichtfüßig ich als junger Mensch diesen weiten Weg so oft bewältigt hatte.

Inzwischen hatte ich mit Mutters Hilfe eine Verbindung zu meinem in Nürnberg lebenden Vater herstellen können. Um ihn kennenzulernen, ging ich im Jahre 1948 bei Gutenfürst „schwarz“ über die Grenze. Was ich bei diesem Besuch über die in Deutschland bereits vor 1933 praktizierte Kommunistenverfolgung und die zwölf KZ-Jahre meines Vaters erfuhr, bleibt mir zeitlebens unvergeßlich. Ich begegnete auch anderen Genossen der KPD. Sie behandelten mich sehr achtungsvoll, weil ich aus der Ostzone kam. Danach hielten mein Bruder und ich bis zum Tod meines Vaters Verbindung mit ihm.

Da die Spinnerei in Lößnitzthal vorübergehend geschlossen wurde, übernahm ich eine Zeitlang Heimarbeiten. Der Umtausch einer Schnapszuteilung sowie eine Erntehilfe in Marienberg erbrachten je einen Beutel Getreidekörner, die wir in der Kaffeemühle schroteten und als Suppe kochten. Allmählich erholten wir uns und begannen an die Zukunft zu denken.

Mein Bruder hatte im Reichsbahnausbesserungswerk zu arbeiten begonnen, wurde bald zur Arbeiter-und-Bauern-Fakultät zugelassen, absolvierte an der Humboldt-Universität ein Studium als Diplomphilosoph und war danach an dieser Universität im Grundlagenstudium tätig.

Auch ich begann neu, erfüllte mir meinen ursprünglichen Berufswunsch und ließ mich im Diakonissenhaus Leipzig zur Schwester ausbilden. Der dort durch einen Studenten der Leipziger Universität erteilte gesellschaftswissenschaftliche Unterricht lehrte mich noch besser verstehen, welche Zusammenhänge in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung immer wieder zu Krisen und Kriegen führen.

Inzwischen war ich verheiratet und hatte zwei Kinder. Mein Mann war schwerkriegs-beschädigt und konnte den erlernten Beruf eines Formers nicht mehr ausüben. Zunächst führte er Hilfsarbeiten aus, erhielt aber bald die Gelegenheit, sich Stufe für Stufe weiterzubilden. So konnte er trotz seiner Gesundheitsprobleme als Bauleiter an wichtigen DDR-Bauvorhaben mitwirken und bis zum Rentenalter als Ingenieurökonom tätig sein.

Da er oft außerhalb Leipzigs eingesetzt war, vermochte ich meine familiären Pflichten bald nicht länger mit dem Schichtdienst im Krankenhaus zu vereinbaren. Deshalb qualifizierte ich mich zur Betriebsfachschwester und arbeitete danach in einem großen Leipziger Landmaschinenbetrieb.

Dem Staat war ich dafür dankbar, daß er mir durch entsprechende Gesetze die Möglichkeit gab, meinem Beruf trotz unserer familiären Situation gerecht zu werden und mich dadurch weiterentwickeln zu können. Diese Tatsache sowie meine Arbeit im Betriebsgesundheitswesen - das in zuvor nie gekannter Weise Prophylaxe, Gesundheitsfürsorge und Rehabilitationsmaßnahmen für alle Werktätigen umfaßte und bereits ein Stück praktizierter Sozialismus war - ließen mich bewußt in der DDR ankommen. 

                                            Leonore Welz 


vorhergehender Beitrag

Inhaltsverzeichnis

nächster Beitrag