Spurensicherung V. Die DDR wird zum "Beitrittsgebiet"
Erlebtes, Erlittenes, Probleme, Aktivitäten. Hrsg.: Unabhängige Autorengemeinschaft „So habe ich das erlebt", GNN-Verlag, Schkeuditz 2003, 309 S.
1999 begann die Arbeitsgemeinschaft mit der Herausgabe ihrer authentischen Berichte zur deutschen Zeitgeschichte mit dem Band I "Wege in die DDR" und Band II "Zeitzeugen zum 17. Juni 1953". Im Jahre 2000 folgte Band III "Leben in der DDR“ und 2002 Band IV "Niedergang der DDR". Mit Band V wird nun die Sammlung zur DDR-Geschichte abgeschlossen.
In diesem Band kommen 5l Autoren mit kürzeren oder längeren Beiträgen zu Wort. Nach dem Motto "So habe ich das erlebt" schildern sie ihre Erfahrungen, die sie auf dem Weg zur deutschen Einheit gemacht haben. Durchweg nahmen sie diesen Weg nicht als Vereinigung oder Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten wahr, sondern als Beitritt der DDR zur Bundesrepublik oder ihren Anschluß. Die erzählten Erlebnisse aus der Zeit des Beitritts stimmen sehr oft überein mit den bitteren Erfahrungen, die Theodor Storm 1867 in einem Brief an Friedrich Eggers, der dem Band vorangesteift ist, bei der Einverleibung Schleswig-Holsteins durch Preußen beklagt. Der Brief endet mit dem Satz: "Auf diese Weise einigt man Deutschland nicht."
Der Wert der Berichte besteht in ihrer Konkretheil und Authentizität. Vorwiegend wird das eigene Erleben geschildert. Abstrakte Reflexionen und allgemeine Einschätzungen sind hier und da nicht ganz vermieden worden, dominieren aber nicht den Band, Es wird keine unkritische DDR-Nostalgie betrieben. Der Vergleich der beiden gesellschaftlichen Systeme, die bis 1990 auf deutschem Boden bestanden und der mit der Schilderung des Erlebten zwangsläufig in Erscheinung tritt, zeigt ein abgewogenes Bild. Erfreulich, daß auch jüngere Autoren Platz im Band gefunden haben, deren Arbeitsleben 1990 nicht durch Vorruhestand oder Rente beendet wurde. Es sind Bürger der DDR, deren gute Ausbildung sie befähigte, in der kapitalistischen Marktwirtschaft Fuß zu fassen und zu bestehen, auch als Unternehmer.
Für den Leser dieser Zeitschrift dürften die Beiträge von Günter Benser über die Arbeit und die Schließung des aus dem Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED 1990 hervorgegangenen Instituts für Geschichte der Arbeiterbewegung und von Eckart Mehls über die Abwicklung der Sektion Geschichte der Humboldt-Universität Berlin von besonderem Interesse sein.
Eine kleine Korrektur sei mir als altem Erzgebirger gestattet.. Auf Seite 96 muß es im richtigen "Arzgebirgisch" heißen: "...wu de Hasen Hosen und de Hosen Husen haaßen".
Fritz Zimmermann